Test des Nokia Lumia 900

(18.06.2012 08:00 CET)

Lange hat es gedauert, bis das Flaggschiff der Nokia-Geräte dann doch auf den Markt kam. In den USA mit einigen Anlaufschwierigkeiten gestartet. Ist das Nokia Lumia 900 jetzt auch in Deutschland verfügbar und startet die Jagd auf den Titel „Bestes Windows Phone“.  Hat es dazu Chancen, oder ist es tatsächlich nur ein „aufgeblasenes“ Lumia 800? Zu allererst ist der visuelle Eindruck genau der beschriebene: Die Gehäuseform ist nahezu identisch, erst ein genauerer Blick offenbart, dass das Lumia 900 ein deutlich größeres Display hat (4,3 Zoll) und oben links auf der Vorderseite eine zweite Kamera, die unter anderem mit Skype und Tango (der Videotelefonie-Software) genutzt werden kann.

Ansonsten: alles wie gehabt, und das ist durchaus eine positive Aussage: Das Gerät ist schwer und wertig, aus einem Guss und liegt gut in der Hand. Man merkt ihm die Nokia-Herkunft an, das Unibody-Polycarbonat-Gehäuse strömt nicht den Eindruck einer Plastikhülle aus, wie es beispielsweise bei Samsung der Fall ist.

Ein Designmangel des Lumia 800 ist allerdings auch leider nicht behoben worden: Die Umrandung der Kamera, die auch beim Lumia 900 aus glänzendem Chrom ist, schreit förmlich nach Kratzern, wer sein Gerät nicht als reinen Gebrauchsgegenstand sieht, der sollte sich überlegen, ein kleines Stück transparente Folie darüber zu kleben, um Kratzer zu vermeiden, oder eine – im Gegensatz zum Lumia 800 nicht im Standardlieferumfang befindliche – Silikonhülle zu verwenden.

 

Das Clear Black AMOLED-Display, das beim Lumia 900 4.3 Zoll groß ist, hat die Standard-Auflösung von 800*480 Pixeln. Und hier muss man im Eindruck unterscheiden: Das Display ist klar, scharf, kontrastreich, sicherlich im Reigen der Windows Phones eines der besten. Die Größe (die ja die Gehäusegröße bestimmt) ist empfunden genau richtig, weil das Gerät auch mit mittelgroßen Händen noch mit einer Hand bedienbar ist.

Auf der anderen Seite: Geräte wie das Samsung Galaxy Nexus, das S3, auch das iPhone 4/4s haben Displays mit deutlich höherer Auflösung. Apple hat den Begriff des „Retina Displays“ geprägt, für Geräte, die eine so hohe Pixeldichte (Zahl der Pixel pro Zoll) haben, dass man mit bloßem Auge keine einzelnen Pixel mehr erkennen kann. Und hier ist Windows Phone im allgemeinen durch die fix vorgegebene Auflösung von 800*480 Pixeln „unflexibel“ und jedes Gerät gleich. Ist das positiv oder negativ? Sagen wir es so: In der Anwendung ist Beispielsweise das Surfen, das Betrachten von Videos oder Bildern absolut angenehm. Kennt man die höher auflösenden Display nicht, dann – an mehreren unbedarften Testern validiert – sorgt das Lumia 900 für Begeisterung. Änderung für Windows Phone wird frühestens mit Windows Phone 8 („Apollo“) kommen. Und das System an sich macht diesen kleinen Mangel durchaus wett. Spannend jedoch ist die Größe, die dem 4,8 Zoll Samsung Galaxy S3 fast entspricht: Nokia hat hier einiges an Platz für das Gehäuse genutzt:

Das Lumia 900 ist das zweite Gerät auf dem Markt, dass mit dem Windows Phone 7.5 Refresh (auch „Tango“ genannt) auf dem Markt kommt, die Neuerungen dazu finden sich hier. Für das Lumia 900 ist endlich auch Tethering mit an Bord gekommen. Die Freigabe der Internetverbindung als WLAN war zwar schon mit Windows Phone 7.5 („Mango“) möglich, für die Nokias aber erst mit dem Tango-Update umgesetzt. Unterwegs mit einem Notebook eine unverzichtbare Funktion...

Nokia hat dem Lumia 900 einen leicht eigenen Schliff gegeben. Dazu gehören die Nokia Dienste (wie NAvigation, Karten, Bus & Bahn) wie auch die Änderung des Marketplace-Logos auf ein Nokia-internes. Geändert hat sich von der Funktion her allerdings nichts, in sofern sind diese Anpassungen Makulatur. Schön einmal mehr, dass über das vollwertige Navigationssystem Nokia Drive der Nutzwert des Gerätes gesteigert wird. Eigentlich kann man mit dem Lumia 900 in seinem Auslieferungszustand von Anfang an ohne Zusatzsoftware effektiv arbeiten. Keine Frage: Das macht deutlich weniger Spaß, als wenn man sich an den mittlerweile über 100.000 Apps im Marketplace bedient… :-)

Die Standardversion des Lumia 900 wird mit 16GB internem Speicher ausgeliefert, von dem ca. 13 GB zur Verfügung stehen. Eine Erweiterung des Speichers über eine Speicherkarte ist Windows Phone-spezifisch nicht möglich. Für eine Menge Apps, Karten für das Navi und eine Menge an Musikstücken und Videos reicht der Speicher aus, wer seine Musiksammlung mitnehmen möchte, der kommt allerdings relativ schnell an die Grenzen. Eine gerüchteweise kommende 32GB-Version ist bisher nicht mehr als das: Ein Gerücht.

Die Kamera des Lumia 900 bedeutet einen deutlichen Qualitätsschritt nach vorne, wenn man den Vergleich zum Lumia 800 zieht. Die Bilder sind zwar immer noch deutlich entfernt von der Qualität eines Pureview oder der alten Nokia-Geräte, aber durchaus brauchbar, detailreich und scharf… zumindest bei guten Lichtverhältnissen. Bei mangelndem Umgebungslicht drinnen neigen sie dazu, durch sichtbares Rauschen zu verlieren.

Die 8 Megapixel-Kamera besitzt Nokia-typisch eine Carl-Zeiss-Optik, hat als Blitz eine Doppel-LED (die auch als Taschenlampe benutzt werden kann).  Auf der Vorderseite befindet sich dann eine 1 Megapixel-Kamera, die für Selbstportraits oder zur Videotelefonie genutzt werden kann.

Großes Display, großer Akku: Mit 1830 mAh ist dieser gut bestückt und bringt das Lumia 900 schon in den ersten Ladezyklen auch bei stärkerer Benutzung gut über den Tag. Durch die Tatsache, dass er fest verbaut ist, kann kein Ersatzakku mitgenommen werden, hier bieten sich die diversen externen Akkus an.

Eine deutliche Weiterentwicklung zum Lumia 800 ist der offene micro USB-Port. Musste beim Vorgänger noch bei jedem Laden eine Plastikklappe geöffnet werden, um die Ladebuchse freizulegen, so ist beim Lumia 900 eine kleine Aussparung, in die der Ladestecker eingesteckt wird. Das Schöne dabei: Der Eindruck des „Gehäuse aus einem Guss“ wird dadurch nur minimal gestört, der Nutzungskomfort aber deutlich gesteigert. Für den Schlitten der micro SIM-Karte liegt ein kleines Werkzeug bei, mit dem dieser „aufgeschoben“ werden kann.

Das europäische Lumia 900 kommt – im Gegensatz zu seinem US-Bruder – nicht mit LTE an Bord. Das mag einmal mehr der Tatsache geschuldet sein, dass die Frequenz-Bänder zwischen den USA und Europa anders sind (damit hatte Apple sich ja mit dem „neuen iPad“ auf die Nase gelegt), bringt aber HSPA+ Cat14 mit 21MB/s und HSPA+ Dual Carrier 42 MB/s mit, also die schnellsten Datenübertragungen unter LTE. Dabei sollte aber beachtet werden, dass dies beim Netzbetreiber (kostenpflichtig?) aktiviert werden muss. Bleibt die Frage, ob man diese Geschwindigkeiten überhaupt bei einem Smartphone ausnutzt.

Dem aktuellen Kenntnisstand nach wird es kein „echtes Update“ auf Windows Phone 8 („Apollo“) für bestehende Geräte geben, da sich die Hardwareanforderungen einmal mehr anpassen werden. Allerdings soll es ein Feature Update geben, was die wichtigsten Funktionen angepasst auf die bestehende Hardware hinzufügt. Die Investitionssicherheit ist damit natürlich ein wenig in Frage, diese Situation hat man aber bei vielen Versionssprüngen, bei denen nicht alle Funktionen der neuen Version auf einem „alten Gerät“ verfügbar sind. Aus meiner subjektiven Sicht kein Grund, das Lumia 900 nicht zu kaufen.

Ein wenig traurig ist der Lieferumfang des Gerätes: In dem gewohnten blauen Karton finden sich neben Lumia und Klammer für den SIM-Schlitten lediglich zwei Handzettelchen, ein einfaches Headset, und ein USB-KAbel mit USB-Netzteil. Nicht mal die Silikon-Hülle, die beim Lumia 800 noch dabei war, hat den Weh ins Paket gefunden. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass das für ein High End Smartphone ein wenig wnig ist...

Preis:

Ab EUR 499,- bei amazon.de

Fazit:

Ist das Lumia 900 das beste Windows Phone? Aus meinem Test und der Kenntnis der anderen Modelle ganz klar ja. Trotz seines deutlich größeren Displays zum Lumia 800 ist es gut mit einer Hand bedienbar, Performance und Akku sind mehr als ausreichend, und das Lumi 900 ist auf Grund seines Gehäuses, seines Designs und seines klaren Displays ein Hingucker.

Windows Phone 7.5 Refresh („Tango“) hat jetzt nicht die großen Neuerungen gebracht (weil es primär der Ermöglichung der „schwächeren Geräte“ wie dem Lumia 610 diente), Windows Phone an sich aber kann auch auf dem Lumia 900 überzeugen. Und den besten Beweis liefern, dass es nicht immer ein hochgetakteter Multikern-Prozessor sein muss. Der 1.4 GHz Qualcomm APQ8055 reicht hier vollkommen aus, um auch komplexe Spiele butterweich ablaufen zu lassen… das System an sich natürlich sowieso.

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